Die Serie „Und täglich grüßt das Patriarchat“ erscheint auf LinkedIn und Instagram wöchentlich und hat insgesamt 50 Folgen. Hier fasse ich immer 5 Ausgaben in einem Blog-Artikel zusammen. Folge mir gerne auf meinen Social Media Profilen, wenn du wöchentlich erkennen möchtest, in welchen Lebensbereichen und Alltagssituationen das Patriarchat oft noch deutlicher wirkt und mitspricht, als es dir bewusst ist.
Wie Sprache, Strukturen und Stereotype Rollen prägen
In unserer Gesellschaft gibt es Mechanismen, die uns tagtäglich daran erinnern, dass Gleichstellung noch lange nicht Realität ist. Oft wirken sie subtil, harmlos oder sogar „normal“. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich: Es sind genau diese alltäglichen Situationen und Aussagen, die patriarchale Machtverhältnisse am Leben erhalten.
Die Folgen 6 bis 10 meiner Serie „Und täglich grüßt das Patriarchat“ decken fünf solcher Alltagsmechanismen auf. Sie zeigen, wie tief strukturelle Ungleichheit in unserem Denken, in unserer Sprache und in unseren Institutionen verankert ist – und warum es höchste Zeit ist, genauer hinzusehen.
Rabenmutter – Der Mythos der aufopferungsvollen Mutter
Der Begriff „Rabenmutter“ ist schnell gesagt, doch seine Wirkung ist nachhaltig. Er trifft Frauen ins Mark, besonders jene, die sich erlauben, neben der Familie auch eigene Interessen, eine Karriere oder Selbstfürsorge ernst zu nehmen.
Aber warum eigentlich „Rabenmutter“? Die Ironie: Rabenvögel sind fürsorgliche Eltern. Der Begriff wurde im 19. Jahrhundert durch Missverständnisse populär – und wird bis heute genutzt, um Mütter zu beschämen, die von der traditionellen Rolle abweichen.
Das Bild der guten Mutter ist eng verknüpft mit Selbstaufgabe, emotionaler Verfügbarkeit rund um die Uhr und einer klaren Abwertung von Erwerbsarbeit zugunsten der Familie. Frauen, die arbeiten (müssen oder wollen), stehen oft unter doppeltem Druck – beruflich wie privat.
Was das zeigt:
Die Debatte um Vereinbarkeit ist keine rein private Frage, sondern eine gesellschaftspolitische. Solange Care-Arbeit als rein weiblich konnotiert wird und Väter für das Bringen eines Kindes zur Kita schon gefeiert werden, bleibt Gleichstellung Illusion.
Der Gender Pay Gap – Ein strukturelles Problem, kein Verhandlungsfehler
Dass Frauen im Schnitt rund 18 % weniger verdienen als Männer, ist keine neue Erkenntnis. Doch die Debatte wird häufig verkürzt: Frauen würden sich seltener trauen, nach mehr Geld zu fragen oder sich „einfach die falschen Berufe“ aussuchen.
Diese Individualisierung blendet aus, dass der Gender Pay Gap strukturelle Ursachen hat:
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Frauen arbeiten häufiger in schlechter bezahlten Berufen wie Pflege, Bildung oder sozialen Dienstleistungen – Tätigkeiten, die systemrelevant, aber gesellschaftlich unterbewertet sind.
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Teilzeit ist weiblich – meist aufgrund der ungleichen Verteilung von Familienverantwortung.
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Frauen stoßen in ihrer Karriereentwicklung an gläserne Decken: fehlende Netzwerke, unbewusste Vorurteile, mangelnde Vorbilder.
Besonders deutlich: In Berufen, in denen der Frauenanteil steigt, sinkt oft das Lohnniveau – ein Phänomen, das nicht mit Leistung, sondern mit gesellschaftlicher Bewertung von Geschlecht zusammenhängt.
Die Lösung?
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Lohntransparenz (wer verdient was und warum?)
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Faire Arbeitszeitmodelle, die Care-Arbeit mitdenken.
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Eine Aufwertung sogenannter „Frauenberufe“ – nicht durch Dankbarkeit, sondern durch Gehalt.
Frauen in Führung – Zwischen Quote, Zweifel und strukturellem Ausschluss
Noch immer sind Frauen in Führungspositionen deutlich unterrepräsentiert. Je höher die Hierarchieebene, desto geringer ihr Anteil. Und das liegt nicht daran, dass Frauen weniger ambitioniert wären.
Stattdessen wirken vielfältige Ausschlussmechanismen:
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Unvereinbarkeit von Führungspositionen und Sorgeverantwortung: Präsenzkultur, Abendtermine, Vollzeitpflicht.
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Unconscious Bias: Frauen wird oft weniger Führungsstärke zugetraut, sie werden strenger bewertet und müssen doppelt so viel leisten, um gleich wahrgenommen zu werden.
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Fehlende Netzwerke: Männer fördern oft Männer – bewusst oder unbewusst.
Oft kommt dazu die doppelte Belastung: Frauen, die sich durchsetzen, gelten schnell als „zu dominant“, während zurückhaltendere Frauen nicht ernst genommen werden. Ein enges Korsett aus Erwartungen macht weibliche Führung zur Gratwanderung.
Was hilft?
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Quoten als Korrektiv, nicht als Dauerlösung.
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Flexible Führungsmodelle (z. B. Topsharing).
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Bewusstes Mentoring und Sichtbarkeit weiblicher Vorbilder.
Die Entschuldigung, die niemand verlangt hat – Warum Frauen sich so oft klein machen
„Sorry, wenn ich kurz störe …“
„Ich bin mir nicht sicher, aber …“
„Nur mal so als Idee …“
Solche Sätze fallen im Arbeitsalltag häufig – und auffällig oft aus dem Mund von Frauen. Was auf den ersten Blick als höflich oder rücksichtsvoll erscheinen mag, ist oft ein erlerntes Muster der Selbstverkleinerung.
Warum das so ist?
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Frauen werden früh sozialisiert, nicht zu laut, nicht zu fordernd, nicht zu direkt zu sein.
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Stärke, Selbstsicherheit und Dominanz werden in unserer Kultur eher männlich konnotiert.
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Wer als Frau Raum einnimmt, riskiert Ablehnung – also nimmt man lieber weniger.
Doch Sprache prägt Realität. Wer sich ständig entschuldigt oder relativiert, wird auch so wahrgenommen. Deshalb ist es ein Akt der Emanzipation, Klartext zu reden, Grenzen zu setzen – und eben nicht ständig „Sorry“ zu sagen.
Tipp:
Streiche beim nächsten Meeting alle unnötigen Entschuldigungen. Es wird dir zuerst ungewohnt vorkommen – aber bald ganz natürlich.
„Du siehst müde aus“ – Der weibliche Körper als Projektionsfläche
Was als harmlose Bemerkung daherkommt, ist oft ein versteckter Kommentar über Abweichung vom erwarteten Erscheinungsbild: „Du siehst müde aus“, heißt oft – „Du bist nicht geschminkt“, „Du wirkst nicht frisch genug“, „Du erfüllst gerade nicht die Schönheitsnorm“.
Frauenkörper stehen unter ständiger Beobachtung. Ob durch Blicke, Kommentare oder implizite Anforderungen:
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Frauen sollen schön, gepflegt, freundlich, jugendlich wirken.
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Wer das nicht tut, wird kommentiert, ignoriert oder abgewertet.
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Dabei ist das Urteil über Frauenkörper kein rein privates – es ist ein politisches Instrument, das Kontrolle ausübt.
Diese Form der Bewertung trägt dazu bei, dass Frauen sich mit ihrem Äußeren identifizieren müssen, statt mit ihrem Können, ihrer Persönlichkeit oder ihren Fähigkeiten.
Was wir brauchen:
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Ein radikales Umdenken im Umgang mit Körpern – und zwar von klein auf.
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Das Recht auf Sichtbarkeit und Selbstbestimmung, ohne Bewertung.
Fazit: Es ist kein Einzelfall – es ist das System
Ob sprachliche Selbstverkleinerung, wirtschaftliche Benachteiligung oder gesellschaftliche Erwartungshaltungen – all diese Beispiele zeigen: Es sind nicht individuelle Entscheidungen, die Frauen in bestimmte Rollen drängen. Es ist ein System, das bestimmte Normen als „natürlich“ darstellt, Unterschiede aufrechterhält und Gleichstellung verhindert.
Doch Wissen ist der erste Schritt zur Veränderung. Wenn wir diese Muster erkennen und benennen, können wir beginnen, sie zu durchbrechen – im eigenen Verhalten, im Miteinander, in Strukturen und politischen Forderungen.