Während Burnout seit vielen Jahren geläufig ist und viele von uns Menschen kennen, die davon betroffen sind oder waren, setzt sich langsam auch der Begriff „Parental Burnout“ durch.
In Deutschland fühlen sich fast 70% der Eltern zeitweise erschöpft oder ausgebrannt. 62% sind häufig oder sehr häufig gestresst. Die Eltern fühlen sich aber nicht nur gestresster. Sie sind es wirklich. Studien zeigen, dass betroffene Eltern um 213% erhöhte Stresshormonwerte aufweisen.
Burnout in Zusammenhang mit Elternschaft wurde lange tabuisiert. Es passt nicht in unserer Vorstellung des kompletten Glücks, dass Rahmenbedingungen dieses Glücks so anspruchsvoll und mitunter auch unglücklich sein können, dass dies in Erschöpfung und Krankheit endet. Es war lange Zeit unvorstellbar, darüber zu sprechen, dass Elternschaft in chronischen Stress münden kann, der nicht mehr bewältigbar erscheint und somit zu einem schwerwiegenden Erschöpfungssyndrom führen kann.
Wie entsteht Parental Burnout?
Ähnlich wie Burnout, den wir mit Erwerbsarbeit assoziieren, entsteht auch Parental Burnout durch eine chronische Stresssituation, der zu wenig Ressourcen gegenüber stehen um den Stress zu kompensieren.
Eltern sind 24/7 verantwortlich für ihre Kinder. Wenn nicht ausreichend Unterstützung und Entlastung vorhanden ist, dann kann dies leicht zur Überlastung werden.
In der Erschöpfung passiert paradoxerweise oft, dass die betroffene Person nochmal einen Gang nach oben schaltet. Sie kommt in eine Art Taskmodus und versucht nurnoch zu funktionieren, wie um sich selbst zu beweisen, dass alles gut ist.
Da ist man schon am Limit, dann wird – wie um es sich selbst zu beweisen – noch der Dachboden ausgemistet oder ein neues Projekt angenommen.
Die Fähigkeit zwischen wichtig und unwichtig, dringend und nicht dringend zu unterscheiden kommt dann komplett abhanden.
Zum einen kann das eine Bewältigungsstrategie sein – Fight, zum anderen führt das aber dazu, dass noch weniger Zeit und Möglichkeit entsteht in sich zu gehen und die eigene Erschöpfung festzustellen.
Besonders betroffen davon sind:
- Alleinerziehende
- Eltern von Kleinkindern
- Eltern von mehreren Kindern
- Eltern von kranken Kindern oder Kindern mit besonderen Bedürfnissen
Wie wirkt sich Parental Burnout aus?
Der Eltern-Burn-out verläuft in vier Phasen:
- Erschöpfung
- emotionale Distanzierung von den Kindern
- Verlust der Erfüllung am Elternsein
- Scham und Schuldgefühle
Eltern spüren oft ihre Erschöpfung, begegnen ihr aber gleichzeitig mit Scham und schlechtem Gewissen, was die Situation eher noch verschlimmert, denn das führt zu einer Tabuisierung.
Folgende Beobachtungen können sie machen:
- sie sind dauerhaft müde und kraftlos
- insbesondere tritt eine emotionale Erschöpfung ein
- sie möchten ihre Elternschaft gerne rückgängig machen oder bereuen sie (Regretting Motherhood ist eine Beschreibung dieses Zustands)
- sie sind unzufrieden mit sich selbst, weil sie dem Bild, das sie von einem idealen Elternteil und Partner haben nicht (mehr) entsprechen
- sie rutschen in ihrer Überforderung manchmal in die soziale Isolation
- erste Warnsymptome sind Schlafstörungen, Kopfweh, Schwindel, innere Unruhe etc.
Warum fühlen sich viele Eltern ausgebrannt?
Es gibt unterschiedliche Faktoren, die dazu führen. Diese haben gesellschaftliche und individuelle Gründe.
Gesellschaftliche Gründe:
- Viele Eltern leiden noch immer unter den Auswirkungen der Covid-Pandemie
- Fehlende Anerkennung und Wertschätzung der unbezahlten Sorgearbeit
- Vorstellungen, wie gute Elternschaft aussehen soll und wie Rollen „optimal“ verteilt sind
- Mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie
- Ungleichgewicht in der Partnerschaft (finanzielles Ungleichgewicht und ungleiche Verteilung von Mental Load)
Individuelle Gründe:
- Hoher Perfektionsanspruch
- Paarkonflikte
- Wenig Unterstützung außerhalb der Kernfamilie
- Fehlende Möglichkeiten zur Emotions- und Stressbewältigung
- Rollenvorstellungen, die nicht ins aktuelle Lebensmodell passen
- Glaubenssätze, die dazu führen, die eigenen Bedürfnisse immer zurückzustellen
Betrifft es Väter und Mütter gleichermaßen?
Nein, das tut es nicht. Es sind deutlich mehr Mütter als Väter betroffen, da Sorgearbeit immer noch sehr ungleich verteilt ist. Während Frauen einen immer größeren Anteil im Erwerbsleben darstellen, bleibt die Aufteilung der Sorgearbeit seit Jahren gleich verteilt. Die Arbeitslast der Frauen steigt also seit Jahren an. Während der durchschnittliche Gender Care Gap 59,4% beträgt (Männer ca. 25h pro Woche und Frauen über 39h pro Woche), liegt er bei Familien mit Kleinkindern sogar bei 110%. Oft sind die Frauen dennoch berufstätig. Es ist aber zu beobachten, dass je mehr die Männer sich an der Sorgearbeit beteiligen, desto mehr sind auch sie betroffen.
Folgen des Parental Burnout
Parentaler Burnout kann schwerwiegende Konsequenzen für die ganze Familie haben. Eltern mit Burnout neigen häufiger zu Gewalt gegenüber ihren Kindern und haben ein erhöhtes Scheidungsrisiko . Zudem kann es zu langfristigen emotionalen und psychologischen Problemen für beide Eltern und Kinder führen.
Prävention
Es gibt verschiedene Ansätze, um Parental Burnout zu verhindern:
- Soziale Unterstützung: Der Aufbau eines starken sozialen Netzwerks aus Familie, Freunden und Gemeinschaftsressourcen kann helfen, die Belastung zu verringern.
- Selbstfürsorge: Techniken wie Achtsamkeit, regelmäßige Pausen und realistische Erwartungen können Stress abbauen und Erholung fördern.
- Gleichberechtigte Partnerschaft: Damit ist nicht unbedingt ein 50:50-Modell gemeint. Doch sollten Erwerbsarbeit, Sorgearbeit und Mental Load so verteilt werden, dass die Belastungen fair aufgeteilt sind. Das sind sie nicht, wenn einer voll erwerbsarbeitet und die andere Person sich rein um die Sorgearbeit mit allem Mental Load der dazu gehört kümmert. Beide Partner brauchen ein ähnliches Maß an Ruhezeiten, Auszeiten, Zeit für sich zur freien Verfügung.
- Externe Unterstützung: Professionelle Hilfe durch Coachings, die sich positiv auf Stressreduktion und Stressregulation auswirken, können präventiv sehr hilfreich sein.
- Politische Veränderungen: Förderung von mehr, besseren und flächendeckend verfügbaren Betreuungsangeboten für Kinder bis mindestens 12 Jahre. Unterstützung von Bildungsgerechtigkeit, indem z.B. Lernen und Üben komplett in der Schule stattfinden und nicht ins Elternhaus verlagert werden.
Fazit
Parental Burnout ist ein ernstes Problem, das Anerkennung und Aufmerksamkeit verdient. Durch ein besseres Verständnis der Ursachen und die Anwendung präventiver Maßnahmen können Eltern unterstützt werden, ihre Rolle mit weniger Stress und mehr Freude zu erfüllen. Es ist an der Zeit, den Wert und die Herausforderungen der Elternschaft anzuerkennen und Lösungen zu finden, die sowohl Eltern als auch Kindern zugutekommen.
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Ich biete auch Einzel- und Paarcoachings an, die euch helfen können, diese Herausforderungen zu meistern.
Eltern, die sich ausgebrannt fühlen, sollten nicht zögern, sich therapeutische Unterstützung zu suchen und die notwendigen Schritte zu unternehmen, um ihr Wohlbefinden und das ihrer Familie zu schützen.
Eine Antwort
Liebe Katrin,
danke für Deinen inspirierenden Artikel und den Post auf LinkedIn, über den ich hierher gefunden habe.
Im Grunde sind das ja alles Dinge, die man selbst kennt, weiß und ständig erlebt. Und irgendwie arrangiert man sich mit der Situation, passt sich an. Und irgendwann merkt man, dass es nicht mehr geht – und dass es schon (fast) zu spät ist. Wir haben glücklicherweise unseren Weg gefunden, ich allerdings leichter als meine Frau. Aber es wird besser, und ich bemühe mich jeden Tag, sie zu unterstützen, wo es nur geht. Natürlich funktioniert das nicht immer. Und wir hängen uns auch immer noch in der Wolle. Wegen irgendwelcher Kleinigkeiten meist.
Insofern nehme ich Deinen Artikel als inspirierendes Puzzleteil für unseren Lebensentwurf, und bedanke mich herzlich für Deine Kreativität und Sichtweise auf das Thema. Viele Eltern werden es Dir danken.
Liebe Grüße,
Thomas