Kennst du das? Jemand bietet dir Hilfe an:
Ich gehe einkaufen, soll ich dir etwas mitbringen?“
„Brauchen Sie Hilfe mit ihrem Gepäck?“
und ganz schnell sagen wir „nein, nein, ich mach das schon.“
Und denken wir manchmal danach nicht, es wäre wirklich hilfreich gewesen, diese Unterstützung anzunehmen? Doch oft denken wir darüber nicht nach. Das „nein, danke“ kommt wie aus der Pistole geschossen.
Gleichzeitig ist ein „Nein“ zu anderen oft undenkbar. Oft stellt man sich zwangsläufig die Frage „darf ich das? muss das sein?“ und ein schlechtes Gewissen stellt sich schon ein beim bloßen Darübernachdenken. People Pleasing ist ein weit verbreitetes Phänomen.
Im Alltag begegnen wir immer wieder Situationen, in denen wir entscheiden müssen, ob wir „Ja“ oder „Nein“ sagen. Interessanterweise fällt es vielen Menschen deutlich schwerer, anderen ein „Nein“ entgegenzubringen, während sie sich selbst oft viel schneller eine Absage erteilen. Doch warum ist das so? Warum gibt es zwei Sorten „Nein“? Das schnelle Nein und das schwere Nein?
Das Nein zu sich selbst – das schnelle Nein
Warum fällt es oft so leicht, sich selbst ein „Nein“ zu erteilen? Warum sind wir so streng zu uns selbst und denken oft nicht einmal nach, wie unsere Bedürfnisse gerade aussehen?
Dieses Verhalten hat oft folgende Gründe:
- Selbstdisziplin und Perfektionismus: Viele Menschen setzen hohe Maßstäbe an sich selbst und wollen diesen gerecht werden. Ein „Nein“ zu sich selbst kann als Zeichen von Selbstdisziplin und Streben nach Perfektion betrachtet werden. Der Wunsch, etwas alleine zu schaffen, ist tief in uns verankert. Unsere Kultur bewertet eine Einzelleistung oft höher als eine Teamleistung.
- Angst vor Versagen: Die Angst, Erwartungen nicht zu erfüllen oder Fehler zu machen, kann dazu führen, dass wir uns selbst Einschränkungen auferlegen. Ein „Nein“ zu unseren eigenen Bedürfnissen und Wünschen erscheint als sicherer Weg, um möglichen Misserfolg zu vermeiden. Solange andere mit uns zufrieden sind, ist alles gut.
- Gewohnheit und innerer Kritiker: Viele Menschen haben einen starken inneren Kritiker, der ihnen einredet, dass sie nicht genug tun oder nicht genug sind. Dieser innere Kritiker sorgt dafür, dass das „Nein“ zu uns selbst oft schnell und ohne viel Widerstand erfolgt. Hilfe anzunehmen, verbinden wir oft damit, dass wir anderen zur Last fallen. Das wollen wir natürlich auf gar keinen Fall.
- Fehlendes Selbstwertgefühl: Ein geringes Selbstwertgefühl kann dazu führen, dass wir unsere eigenen Bedürfnisse und Wünsche weniger wertschätzen. Wir sagen schneller „Nein“ zu uns selbst, weil wir glauben, dass wir es nicht verdienen, ja zu sagen.
Das Nein zu anderen – das schwere Nein
Das „Nein“ zu anderen auszusprechen, kann sich wie eine echte Herausforderung anfühlen und sich manchmal unmöglich anfühlen.
Die Gründe dafür sind vielfältig:
- Soziale Erwartungen und Höflichkeit: In vielen Kulturen wird Höflichkeit und das Entgegenkommen gegenüber anderen hoch geschätzt. Ein „Nein“ kann als unhöflich oder gar aggressiv wahrgenommen werden, was viele Menschen dazu bringt, eher „Ja“ zu sagen, selbst wenn sie es eigentlich nicht wollen. Das wird uns schon in der Kindheit antrainiert. Wenn die Oma sich über den Kuss doch so freut, dann kann man ihn ihr doch nicht ablehnen.
- Angst vor Ablehnung und Konflikten: Ein „Nein“ kann Spannungen erzeugen und zu Konflikten führen. Viele Menschen fürchten sich davor, abgelehnt oder missverstanden zu werden, und scheuen daher den direkten Widerspruch.
- Wunsch nach Akzeptanz: Das Bedürfnis, gemocht und akzeptiert zu werden, ist tief in uns verwurzelt. Ein „Nein“ könnte dieses Bedürfnis gefährden, weshalb wir oft bereit sind, uns selbst zurückzustellen.
- Empathie und Verantwortungsgefühl: Wenn wir „Nein“ sagen, könnten wir das Gefühl haben, andere im Stich zu lassen oder ihnen zusätzliche Lasten aufzubürden. Aus Mitgefühl und Verantwortungsbewusstsein heraus entscheiden wir uns daher häufig gegen ein „Nein“.
Was ist ein People-Pleaser?
Als People-Pleaser bezeichnet man Menschen, die ständig versuchen, es anderen recht zu machen. Ihre Gedanken kreisen darum, wie sie die Zufriedenheit der Menschen um sie herum sicherstellen können. Sie konzentrieren sich übermäßig darauf, wie sie für andere sein müssen, und passen ihre Denkweise, ihr Verhalten und sogar ihre Gefühle an. Wenn sie zum Beispiel Wut empfinden, verbergen sie diese, wenn sie glauben, dass sie in der aktuellen Situation unangebracht ist. Ihre eigenen Bedürfnisse stellen sie oft hinten an. Das zeigt sich besonders in Beziehungen, wo ein Partner oder eine Partnerin versucht, dem anderen jeden Wunsch zu erfüllen und dabei die eigenen Bedürfnisse vernachlässigt. Obwohl dieser Drang, es allen recht machen zu wollen, für die Betroffenen sehr belastend sein kann, gibt es dafür keine offizielle psychologische Diagnose. Es handelt sich dabei nicht um eine psychische Erkrankung, sondern um ein erlerntes Verhaltensmuster. Betroffene können jedoch lernen, sich wieder mehr auf sich selbst zu konzentrieren und dies ohne Schuldgefühle.
Wege zu einem gesunden Gleichgewicht
Um ein gesundes Gleichgewicht zwischen den beiden Sorten des „Nein“ zu finden, empfehle ich Folgendes:
- Selbstreflexion: Nimm dir Zeit, deine eigenen Bedürfnisse und Wünsche zu erkennen. Frage dich, warum es dir schwerfällt, anderen ein „Nein“ zu sagen und warum du so schnell bereit bist, dir selbst ein „Nein“ zu erteilen.
- Kommunikation üben: Übe, auf höfliche und konstruktive Weise „Nein“ zu sagen. Die sollte freundlich und bestimmt möglich sein, ohne ein Gefühl in die Rechtfertigung gehen zu müssen.
- Selbstmitgefühl entwickeln: Sei freundlicher zu dir selbst und erkenne deinen eigenen Wert an. Gönne dir Pausen und erlaube dir, auch einmal „Ja“ zu dir selbst zu sagen. Nur wenn du in deiner Kraft stehst, kannst du auch für andere da sein.
- Grenzen setzen: Lerne, klare Grenzen zu setzen und diese zu respektieren. Dies gilt sowohl im Umgang mit anderen als auch im Umgang mit dir selbst.
- Professionelle Unterstützung suchen: Wenn das Thema „Nein sagen“ für dich besonders schwierig ist, kann es hilfreich sein, sich durch ein Coaching unterstützen zu lassen.
Zum Einstieg biete ich dir einen E-Mail-Kurs an, der dich 12 Wochen lang auf deinem Weg begleitet und dir hilfreiche Übungen und Tools zur Verfügung stellt. „MamaFlow: Hin zu mehr Selbstliebe und Selbstfürsorge“ ist ein idealer Einstieg, um zu einem gesunden Gleichgewicht zwischen den beiden „Neins“ zu kommen.
Fazit
Das „Nein“ zu anderen und das „Nein“ zu uns selbst sind zwei Seiten derselben Medaille, aber sie werden oft sehr unterschiedlich erlebt und gehandhabt. Indem wir uns dieser Unterschiede bewusst werden und an unserer Kommunikations- und Selbstfürsorgefähigkeiten arbeiten, können wir lernen, ein gesundes Gleichgewicht zu finden und sowohl uns selbst als auch anderen gegenüber ehrlicher und authentischer zu sein.