Warum ich das so provokativ schreibe? Weil mich dieses Buch Jahre gekostet hat.
Wie viele von euch wissen, habe ich fast zehn Jahre bei PwC Switzerland gearbeitet. Das war beruflich die beste Zeit in meinem Angestelltenleben. Höher, schneller, weiter, dynamisch, innovativ – eine großartige Zeit. Ich habe unfassbar viel gelernt und hatte gleichzeitig unglaublichen Spaß bei der Arbeit. Mit meinem Mann hatte ich eine wunderbare Partnerschaft auf Augenhöhe.
Der Flow, in dem ich war, der wurde etwas gestoppt durch die Geburt unseres ersten Kinds. Doch dank eines wunderbaren Jobsharings mit einer Kollegin, klappte es weiterhin ganz gut mit Kind und Karriere.
Es veränderte sich für mich alles mit dem zweiten Kind. Dieses süße Wesen schlief nicht, klebte an mir wie eine Klette – ich wurde müder und müder und auf einmal war meine Arbeit anstrengend für mich – und meine Partnerschaft auch.
Plötzlich waren da sehr ambivalente Gefühle
Einerseits fühlte ich mich selbst sehr müde und bedürftig. Gleichzeitig waren da zwei kleine Wickelkinder, die meine Fürsorge Tag und Nacht zu brauchen schienen.
Einerseits wollte ich beruflich weitermachen wie bisher. Gleichzeitig konnte ich über mich und meine Zeit überhaupt nicht mehr selbstbestimmt verfügen.
Selbstoptimierung schien mir der einzige Weg zu sein
Also dachte ich damals: „Finde einen Weg, Katrin. Du schaffst das. Schau einfach genau hin, wie das andere Frauen machen“.
Ich kaufte mir „Lean in“ von Sheryl Sandberg, das so beschrieben wurde:
„Anhand von unzähligen Beispielen und Studien zeigt Sandberg, wie jede Frau ihre Ziele erreichen kann und welche Kleinigkeiten dem Erfolg manchmal im Weg stehen“
Klasse, Ziele erkennen, Kleinigkeiten wegräumen und dann kommt der Erfolg zurück.
Ich hatte den Eindruck, meine Ziele zu erkennen. Es waren verdammt viele. Die vermeintlichen Kleinigkeiten waren schwerer und größer als gedacht. Den Erfolg wollte ich immernoch.
Dass er nicht kam, machte mich immer verzweifelter. Wo musste ich noch genauer hinschauen, was konnte ich ändern? Warum war ich zu schwach?
Was ich nicht bemerkte: Mein Weltbild
Dass Leistung rein kapitalistisch definiert war. Das war mein Bild. Etwas anderes kam in meinen Gedanken nicht vor.
Was ich sonst noch leistete? Zwölf Mal aufstehen in einer Nacht mit dem Baby, tagsüber Wutanfälle meines Großen begleiten, der damals auch erst zwei Jahre alt war. Das sah ich nicht. Das halten doch andere auch aus ohne zu jammern.
Ich bemerkte nicht, dass mein inneres Patriarchat voll zugeschlagen hatte.
Dass ich mich in ein Rollenbild verstrickt hatte, das mit Gleichberechtigung nichts zu tun hat. Dass ich nicht für mich einstand, sondern ständig ein schlechtes Gewissen hatte. Dass ich sauer wurde auf meinen Mann, der seine Karriere weitergestaltete. Dass mir aber die Worte fehlten, das zu thematisieren.
Fünf Jahre habe ich gebraucht, um mich aus dieser Situation freizustrampeln und meinen Wert wieder zu erkennen.
Das Handelsblatt hat sich für meine Geschichte interessiert und einen Artikel veröffentlicht. Wer sich dafür interessiert, hier ist der Link:
https://www.handelsblatt.com/karriere/liebeskiller-job-die-besten-wege-aus-der-beziehungskrise-07/100030128.html