Für Sorge – Wie Equal Care euer Familienleben rettet

Ein Abend mit Jo Lücke im Buchclub EqualPages

Was macht eine gerechte Aufteilung von Care-Arbeit eigentlich so schwer?

Warum geraten so viele Paare in Überforderung, wenn Kinder da sind, obwohl sie sich Gleichberechtigung wünschen?
Und warum fühlen sich Mütter (noch immer) häufiger verantwortlich für das, was „zu Hause liegen bleibt“?
Mit diesen Fragen hat uns Jo Lücke in ihrem Buch „Für Sorge – Wie Equal Care euer Familienleben rettet“ einen Spiegel vorgehalten.
Ein liebevoller, ehrlicher und tiefgründiger Spiegel.

Jo Lücke "Für Sorge" Buchcover

Teil 1: Die dysregulierte Gesellschaft – Warum Care-Arbeit abgewertet wird

Jo Lücke beginnt ihr Buch mit einer schonungslosen Analyse unserer Zeit.
Sie nennt unsere Gesellschaft eine „dysregulierte Gesellschaft“ und das beschreibt es perfekt.
Denn obwohl Care-Arbeit – also Sorge für andere, emotionale Arbeit, Pflege, Kindererziehung, Haushaltsorganisation – die Grundlage jeder Gesellschaft ist, wird sie systematisch abgewertet.
Sie ist schlecht bezahlt, unsichtbar, oft ungeteilt. Und sie ist – immer noch – weiblich konnotiert.

Jo zeigt, wie sich patriarchale Strukturen über Jahrhunderte verfestigt haben:
Frauen wurden zur „Sorgenden“ sozialisiert, Männer zum „Ernährer“.
Erwerbsarbeit wurde zur Norm erklärt und Care-Arbeit zur Nebensache.
Wer Sorge trägt, hat weniger Zeit, weniger Einkommen, weniger Sichtbarkeit.
Diese Strukturen haben sich tief in unser Denken eingebrannt.

Und so geraten viele Familien in die Falle zu glauben: „Wenn wir uns nur genug Mühe geben, schaffen wir es schon, Care-Arbeit gerecht zu teilen.“
Doch Jo Lücke macht deutlich: Das Problem liegt nicht (nur) im Wohnzimmer, sondern im System.
Das war einer der stärksten Momente im Gespräch:
Das gemeinsame Erkennen, dass es nicht an uns persönlich liegt, wenn wir mit Vereinbarkeit struggeln.
Dass Überforderung kein individuelles Versagen ist, sondern eine Folge gesellschaftlicher Dysbalance.

 

Teil 2: Praktische Wege zu Equal Care – Leben auf Augenhöhe

Der zweite Teil des Buches ist ein Geschenk für alle, die nicht nur verstehen, sondern verändern wollen.
Hier geht es um den praktischen Umgang mit der Schieflage.
Wie schaffen wir es, trotz ungleicher Rahmenbedingungen, in unseren Beziehungen Gleichgewicht und Augenhöhe zu leben?
Ein zentrales Thema ist die Arbeit an Glaubenssätzen.
Denn selbst wenn wir Gleichberechtigung wollen, unsere inneren Überzeugungen machen uns oft einen Strich durch die Rechnung.

 

Glaubenssätze, die uns ausbremsen

Hier lässt sich wunderbar eine Brücke schlagen zu Dr. Silke Rusch und ihrem Buch „Women at Work“, das wenige Tage später Thema im Buchclub war.
Silke spricht von den „gnadenlos unterschätzten Glaubenssätzen“, die Frauen innerlich limitieren.

Mehr dazu hier.

Jo Lücke zeigt, wie solche Sätze auch in der Familie wirken:
„Jeder ist seines Glückes Schmied.“
„Ein Kind gehört zur Mutter.“
„Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“

Diese Sätze klingen harmlos, sind aber tief verwurzelt.
Sie formen Rollenbilder, erzeugen Schuldgefühle und verhindern, dass Care-Arbeit als gemeinsame Verantwortung gesehen wird.

Jo lädt uns dazu ein, uns zu fragen:
Was ist wirklich mein Charakter – und was ist meine Sozialisation?
Was gehört zu mir – und was habe ich übernommen, das ich wieder loslassen darf?

 

Liebe als Belohnung?

Besonders hängen geblieben ist mir ein Satz, den Jo beim Treffen sagte:
„Liebe ist der/die Prinz*essin, der/die an der Ziellinie wartet, wenn du dich an alle Regeln gehalten hast.“
Was für ein Satz.
Und was für ein Spiegel.
Denn viele von uns haben genau so gelernt, Liebe zu verstehen: als Belohnung für Anpassung, für Fleiß, für Aufopferung.
Aber was, wenn Liebe nicht am Ende steht sondern am Anfang?
Was, wenn Fürsorge nicht verdient, sondern gelebt wird – gemeinsam, gleichberechtigt, echt?

 

Zwischen Anspruch und Realität – Warum es so schwer ist, fair zu teilen

Im Gespräch wurde deutlich:
Equal Care ist kein Rechenmodell. Es ist kein 50:50, sondern ein Gefühl von Gleichwertigkeit.
Wir müssen nicht exakt gleich viel tun – aber wir brauchen dieselben Möglichkeiten:
dieselbe freie Zeit,
dieselbe Zufriedenheit,
dieselbe wirtschaftliche Absicherung.
Equal Care heißt nicht, den Haushalt zu teilen wie eine Excel-Tabelle.
Equal Care heißt, gemeinsam Verantwortung zu tragen, ohne dass eine Person dabei ausbrennt.
Und ja, das ist schwierig.

Jo spricht über die Realität, dass nicht jede Beziehung diesen Weg schafft.
Einige Frauen im Buchclub erzählen offen von Partnerschaften, in denen Augenhöhe nicht möglich war und davon, wie befreiend es sein kann, sich davon zu lösen.

 

Humor, Wahrheit und ein Körnchen Erkenntnis

Eine Geschichte, die Jo an diesem Abend erzählte, bleibt mir besonders im Kopf:
Ein Mensch glaubt, er sei ein Korn.
Nach langer Therapie weiß er: „Ich bin ein Mensch.“
Doch er verlässt das Haus nicht.
Auf die Frage, warum, sagt er:
„Ich weiß, dass ich kein Korn bin – aber wissen das die Hühner da draußen auch?“

Diese Anekdote ist witzig und tief wahr.
Denn selbst wenn wir wissen, dass wir nicht allein verantwortlich sind für Haushalt, Fürsorge und Beziehung –
wissen es die anderen auch?
Unsere Schwiegermütter? Kolleg:innen? Gesellschaftlichen Erwartungen?

Wo dürfen wir noch ein dickeres Fell entwickeln und wo dürfen wir endlich Last ablegen?

 

Allies, Räume und echte Veränderung

Am Ende bleibt eine Erkenntnis:
Gleichberechtigung gelingt nicht allein.
Wir brauchen Allies – Menschen, die uns stärken, die uns ernst nehmen, die mit uns neue Wege gehen.
Dafür schaffen wir Räume wie diesen Buchclub, oder meinen Frauen.Raum, in dem Frauen sich gegenseitig bestärken und gemeinsam wachsen.
Equal Care ist kein Ziel, das man abhaken kann.
Es ist ein Prozess, der Mut, Humor und Mitgefühl braucht – füreinander und für uns selbst.

 

Fazit: Für Sorge ist Fürsorge – und Für uns alle

„Für Sorge“ ist kein klassischer Ratgeber.
Es ist ein Weckruf, ein Werkzeugkasten und eine Liebeserklärung an das, was uns menschlich macht: Sorge füreinander.
Jo Lücke zeigt, wie wir Gleichberechtigung nicht nur fordern, sondern leben können – mitten im Alltag, zwischen Wäschebergen, Videocalls und kindlicher Umarmung.
Und sie erinnert uns daran, dass Fürsorge keine weibliche Pflicht, sondern ein gesellschaftlicher Wert ist.
Equal Care bedeutet: Wir alle dürfen sorgen.
Und wir alle dürfen getragen werden.

 

Wenn du wissen möchtest, wie du dich mit deiner Sorge-Verantwortung sichtbar und wirksam machen kannst, dann schau doch mal bei Unpaid Care Work und der Liga der unbezahlten Arbeit vorbei.

 

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