Die Geschehnisse des 6. November wirken noch immer in mir nach. Morgens wache ich auf mit der Nachricht, dass Donald Trump die Wahl in den USA eindeutig gewonnen hat, abends platzt unsere Regierung in Deutschland.
Ich habe einige Gespräche in den letzten Tagen darüber geführt. Die Reaktionen der Menschen sind unterschiedlich. Manche sagen, wir werden Krieg haben. Andere wollen das Land verlassen. Manchen Menschen ist es eher egal und ich gehöre zu der Sorte, die sagt: „Jetzt erst recht.“ Dazu gibt es einen eigenen Blog-Beitrag.
Hier möchte ich nun Inspiration bieten, wie es gelingen kann, in unsicheren und aufrüttelnden Zeiten wie diesen mit den eigenen Ängsten und Sorgen konstruktiv umzugehen und Handlungsfähig zu bleiben. Mich hat das politische Geschehen bewegt – bei dir mögen es andere Dinge sein. Verunsicherung und Sorge spüren wir alle definitiv genug.
Was bedeutet BANI?
Die Welt, wie wir sie heute erleben, ist geprägt von Unsicherheiten und ständigen Veränderungen. Komplexität und Mehrdeutigkeit bestimmen unseren Alltag – und wir alle spüren diese herausfordernden Einflüsse auf unser Wohlbefinden und unsere Kraft.
Bevor wir tiefer in die Praxis der Achtsamkeit eintauchen, ist es hilfreich, die BANI-Welt ein wenig besser zu verstehen. Der Begriff BANI wurde entwickelt, um die Veränderungen in unserer Gesellschaft und die Auswirkungen dieser Transformationen auf unser Leben zu beschreiben. Hier sind die vier Komponenten im Detail:
- Brittle (Zerbrechlich): In der BANI-Welt sind viele Systeme zerbrechlich, auch wenn sie stabil erscheinen. Politische Strukturen, Finanzmärkte, Lieferketten und sogar soziale Netzwerke können von einem Moment zum anderen ins Wanken geraten. Diese Zerbrechlichkeit führt dazu, dass wir ständig auf Veränderungen und Krisen reagieren müssen.
- Anxious (Ängstlich): Unsicherheiten machen Angst. In einem Umfeld, das sich schnell und unvorhersehbar ändert, ist es normal, dass wir uns manchmal unsicher und ängstlich fühlen. Doch ohne diese Gefühle anzunehmen und zu integrieren, können wir auf Dauer nicht gesund und gelassen bleiben.
- Nonlinear (Nicht-linear): BANI bedeutet auch, dass Ursache und Wirkung oft nicht mehr im Gleichgewicht stehen. Kleine Handlungen können große Auswirkungen haben, und manchmal treten Effekte unerwartet und ohne Vorwarnung auf.
- Incomprehensible (Unverständlich): Die zunehmende Komplexität der modernen Welt macht es schwer, alles zu verstehen. Die menschliche Tendenz, klare und logische Erklärungen zu suchen, stößt in der BANI-Welt an ihre Grenzen.
Die BANI-Welt fordert uns dazu heraus, anders zu denken, zu fühlen und zu handeln. Sie verlangt, dass wir einen Umgang mit Unsicherheiten und Ängsten finden, ohne uns in ihnen zu verlieren.
In dieser unbeständigen Zeit kann Achtsamkeit ein Schlüssel sein, um innere Kraft und Stabilität zu bewahren. Aber wie genau funktioniert das, und was bedeutet es in der Praxis? Oft verfallen wir in Schockstarre oder wir stecken den Kopf in den Sand und sagen uns: „Ich kann sowieso nichts ändern“, was uns aber oft im Gedankenkarusell zurück lässt. Wie bleibe ich in meiner Handlungsfähigkeit und in meiner Selbstregulation?
Die Formel des Leidens: Leiden = Schmerz x Widerstand
Ein hilfreicher Ansatz, um das Thema Achtsamkeit zu verstehen, ist die Formel für das menschliche Leiden von Shinzen Young:
Leiden = Schmerz x Widerstand
Diese Formel bringt auf den Punkt, wie sich mein Umgang mit Schmerz und Unannehmlichkeiten auf mein Leiden auswirkt. Schmerz ist unvermeidlich und gehört zum Leben dazu. Widerstand jedoch ist etwas, das ich aktiv beeinflussen kann. Je mehr ich gegen den Schmerz ankämpfe, desto größer wird mein Leid. Akzeptiere ich den Schmerz jedoch und begegne ihm mit Achtsamkeit, lässt sich das Leiden erheblich reduzieren. Ist das nicht ungeheuer kraftvoll?
Schmerz steht hier übrigens stellvertretend für verschiedene Emotionen. Du kannst das auch durch Trauer, Angst etc. ersetzen.
Im Kontext der BANI-Welt hilft uns die Formel dabei, zu verstehen, dass wir durch inneren Widerstand nur noch mehr Energie verlieren. Das ist das, was wir tatsächlich oft beobachten. Ich bin unglaublich erschöpft von einem Thema, doch ich komme kaum aus der Erschöpfung raus und fühle mich wie ein Opfer.
Wenn ich hingegen die Realität der Unsicherheit akzeptiere und achtsam damit umgehe, bleibe ich in meiner Kraft. Aber was genau bedeutet das für unseren Alltag und wie setzen wir es um?
Achtsamkeit als Kraftquelle in der BANI-Welt
Achtsamkeit ist die Fähigkeit, den gegenwärtigen Moment ohne Urteil zu beobachten. Sie hilft uns, präsent zu bleiben, auch wenn die äußeren Umstände verwirrend oder herausfordernd sind. Indem wir die Formel Leiden = Schmerz x Widerstand anwenden, erkennen wir, dass unser Widerstand gegenüber der Unsicherheit und Unbeständigkeit der BANI-Welt den Schmerz und das Unbehagen nur verstärkt.
Durch Achtsamkeit können wir lernen, den Widerstand zu reduzieren, indem wir:
- Präsenz kultivieren: Statt ständig über die Zukunft nachzudenken oder in der Vergangenheit zu verweilen, hilft uns Achtsamkeit, uns voll und ganz auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren. Wir sind alle keine Hellseher und wie oft kam es schon anders als gedacht? Was bringt es wirklich, gedanklich zu sehr in der Zukunft zu hängen? Spüre vor allem das „Hier und Jetzt“.
- Emotionen akzeptieren: In der BANI-Welt erleben wir viele Emotionen, die uns überwältigen können. Achtsamkeit hilft uns, diese Emotionen wahrzunehmen und zu akzeptieren, ohne sie zu bewerten. Indem wir unsere Ängste und Unsicherheiten anerkennen, verhindern wir, dass sie uns kontrollieren. Gefühle schaffen sich ihren Raum – auch dann, wenn ich sie wegschiebe. Durch die liebevolle Akzeptanz und Integration meiner Emotionen, kann ich ihnen begegnen und sie in Teilen auch wieder loslassen.
- Flexibilität und Resilienz stärken: Achtsamkeit macht uns flexibler im Umgang mit Veränderungen. Wenn wir achtsam sind, sind wir in der Lage, unsere inneren Ressourcen zu mobilisieren und auch in Zeiten der Unsicherheit resilient zu bleiben.
- Unsere Reaktivität reduzieren: Die BANI-Welt fordert ständig unsere Aufmerksamkeit und verlockt uns, reaktiv zu handeln. Achtsamkeit hilft uns, innezuhalten und zu prüfen, ob eine Reaktion wirklich nötig ist oder ob es klüger wäre, zunächst nur zu beobachten. Auch das kann unglaublich Energie sparen.
- Selbstmitgefühl entwickeln: Achtsamkeit lehrt uns, freundlich mit uns selbst umzugehen und uns selbst wie einen guten Freund zu behandeln. Besonders in herausfordernden Zeiten ist es wichtig, Verständnis und Mitgefühl für uns selbst zu entwickeln.
An dieser Stelle gerne ein Buchtipp zu einem Buch, das mir viel Erkenntnis geschenkt hat: „Der achtsame Weg zum Selbstmitgefühl“ von Christopher Germer.
Praktische Übungen für Achtsamkeit in der BANI-Welt
Hier sind einige Übungen, die dir helfen können, Achtsamkeit zu praktizieren und in deiner Kraft zu bleiben:
Atemübung für Präsenz
In Momenten der Angst oder Unsicherheit kannst du dich auf deinen Atem konzentrieren, um wieder präsent zu werden. Diese einfache Übung hilft, den Geist zu beruhigen und den Widerstand gegen den gegenwärtigen Moment loszulassen.
- Setze dich aufrecht hin, schließe die Augen und atme tief durch die Nase ein.
- Lasse die Luft langsam durch den Mund entweichen und konzentriere dich nur auf die Bewegung deines Atems.
- Mache dies für 3–5 Minuten und bemerke, wie der Geist ruhiger wird.
Achtsame Körperwahrnehmung
Eine intensive Übung, um die eigene Körperwahrnehmung zu steigern, ist der Body-Scan. Er hilft uns, Spannungen und Widerstände im Körper wahrzunehmen und loszulassen.
- Beginne bei den Zehen und bewege deine Aufmerksamkeit langsam nach oben, indem du jeden Bereich des Körpers bewusst wahrnimmst.
- Wenn du eine Spannung wahrnimmst, atme bewusst in diesen Bereich und lasse mit jedem Ausatmen die Anspannung los.
Gefühls-Tagebuch führen
Die Praxis des Journaling ist eine hervorragende Methode, um unsere Gefühle anzuerkennen und zu reflektieren, anstatt sie zu unterdrücken.
- Schreibe regelmäßig auf, wie du dich fühlst und welche Gedanken dich beschäftigen.
- Versuche, deine Gefühle neutral zu beschreiben, ohne sie zu bewerten.
Meditation zur Akzeptanz
Diese Meditation unterstützt dich darin, den Widerstand gegen unangenehme Empfindungen zu verringern und mehr Akzeptanz zu entwickeln.
- Setze dich bequem hin und konzentriere dich auf eine Empfindung oder ein Gefühl, das momentan präsent ist.
- Nimm das Gefühl bewusst wahr, ohne es verändern oder wegdrücken zu wollen.
- Mit jedem Atemzug stell dir vor, dass du das Gefühl annimmst und Raum dafür schaffst.
Die Formel des Leidens im Alltag anwenden
Wenn wir das Konzept Leiden = Schmerz x Widerstand in unserem Alltag anwenden, kann das enorme Auswirkungen auf unser Wohlbefinden haben. Die BANI-Welt bringt eine Vielzahl von Schmerzen und Herausforderungen mit sich, die wir nicht kontrollieren können. Doch indem wir unseren Widerstand verringern, vermeiden wir zusätzliches Leid und können uns auf unsere innere Kraft konzentrieren.
Hier sind drei Tipps, um die Formel im Alltag umzusetzen:
- 1. Akzeptiere, was du nicht kontrollieren kannst: Versuche, Veränderungen als natürliche Bestandteile des Lebens zu sehen, anstatt gegen sie anzukämpfen.
- 2. Erkenne deinen Widerstand: Sei dir deines Widerstandes gegen bestimmte Dinge bewusst. Wenn du merkst, dass du dich an eine Vorstellung oder Erwartung klammerst, frage dich, ob es dir hilft oder schadet.
- 3. Übe Selbstfürsorge und Selbstmitgefühl: Sei geduldig und freundlich mit dir selbst, besonders in schwierigen Zeiten.
Ein schöner Gedanke, der mich hierbei begleitet ist dieser Spruch, den viele sicherlich schon gehört haben:
„Gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
Fazit: In der BANI-Welt mit Achtsamkeit in der Kraft bleiben
In einer Welt voller Unsicherheiten, Zerbrechlichkeiten und Ängste ist Achtsamkeit eine wertvolle Ressource, um innere Stabilität zu finden. Die BANI-Welt stellt uns vor Herausforderungen, doch durch Achtsamkeit und die Fähigkeit, Schmerz ohne Widerstand zu erleben, können wir das Leiden minimieren und unsere Resilienz stärken.
Wenn wir in der Lage sind, den gegenwärtigen Moment anzunehmen und achtsam mit uns selbst und anderen umzugehen, bleiben wir nicht nur in unserer Kraft – wir schaffen auch einen inneren Raum für Freude, Zufriedenheit und Klarheit in einer komplexen Welt.
Wenn du dich auf diesem Weg begleiten lassen möchtest, dann schau dir gerne meinen E-Mail-Kurs „MamaFlow: Hin zu mehr Selbstliebe und Selbstfürsorge“ an. Hier bekommst du eine Begleitung per E-Mail über 12 Wochen, in denen du Abgrenzung, Selbstliebe, Achtsamkeit und vieles mehr für dich entdecken kannst und praktische Tipps erhältst, das in dein Leben zu integrieren.